Morgens und Abends erhalten wir von ihnen regelmäßige Nettigkeiten per sms, die uns den indischen Hang zum Kitsch und ihre Zuneigung zu uns verdeutlichen. (so nur eines von mehr als 50 Beispielen: „No Flower can have smile like you, no star can have shining like you, no sugar can have sweetness like you. I am very lucky to have friend like you“...:))
Alle sind bemüht, es uns recht zu machen, uns Kannada beizubringen, uns zu mästen (Annis Schauspielkarriere ist durch Essenszwang stark gefaehrdet!!!!!!!!!!) und wir haben oft „Kultur-Differenz-Lachanfälle“. So wurde wir gefragt, wie wir denn bitte kochen könnten so ganz ohne Kokosnusspalmen im Garten, oder ob wir Ziegen und Kühe in unseren Häusern hätten. Die Frage, ob wir Kinder haben ist ebenso häufig wie die, ob wir in Deutschland Englisch sprechen oder ob wir verheiratet sind. Lucias Kontaktlinsen lösten großes Staunen aus und man dachte sie seien für ihre blaue Augenfarbe verantwortlich, auch unsere weißen Fingernägel wurden als künstlich abgestempelt.
Auf äußere Erscheinung wird hier großen Wert gelegt. Wenn wir einmal ohne Bindi (roten Punkt auf der Stirn :)) erscheinen, kommt prompt die Frage: „Where is your Bindi?“ und ein goldener Armreif ist eindeutig zu wenig, genauso wie schlichte Perlenohrringe („I cannot see your earrings“).
Heute Abend wird unser Henna von letzter Woche aufgefrischt und voller Hoffnung warten wir auf die Blusen für unsere Sarees, für die die Schneider von nebenan schon dreimal Maß genommen haben und die wir dennoch nicht annähernd zuknöpfen konnten- die Reaktion der Inder: „You became fat!“...vermutlicher weise haben sie Recht, denn das Essen ist traumhaft und die Inder legen großen Wert darauf, dass wir immer noch mehr und mehr nach nehmen. Weggeschmissen wird nicht gerne, so quälen sie sich eine Portion nach der anderen rein und sollte doch etwas übrig bleiben, wird das Essen einfach über die Mauer gekippt, wo sich schon so einiger Müll angesammelt hat. Vielleicht werden unsere Curryreste auch von einigen der vielen Tiere hier genossen: Kühe trotten über das Feld gegenüber, Ziegenbabys stehen an der Busstation, Katzen und Hunde erschrecken uns Abends und jede Menge Moskitos, Raupen, Falter und „fliegende Doppelameisen“ leisten uns häufig Gesellschaft.
Alleine sind wir aber auch ohne diese unerwünschten Besucher kaum: Bis 17 Uhr sind die Mitarbeiter hier und danach kommen den nächsten Monat jeden Abend zwei Frauen, manchmal mit Kindern, damit wir uns nicht alleine fühlen, essen, reden, spielen, lachen mit uns und schlafen dann auf dem Boden (!) im Meeting Room.
So haben wir unglaublich süße, hübsche Kinder kennen gelernt, die Fang- und Kitzel-Spiele als unser persönliches Sportprogramm definiert, haben heimlich mit einer Mitarbeiterin äußerst amüsante private Fotos eines Mitarbeiters angeschaut, Chikus gekostet, uns von der Freizügigkeit in indischen Musikvideos schockieren lassen, über schnelle Kannada-Sprecher gelacht, selber diese lustige Sprache gelernt, Hochzeitsfotos angeschaut und uns über Ehepartnervermittlung in Indien und andere Themen unterhalten.
Tagsüber haben wir neben ständigem Schlafen (Hitze+ Ventilatorgeräusch+ Sprache=Müdigkeit), zweimal Mangalore- City besichtigt, an einer unglaublichen Feier zur Ehre einer schwangeren Frau in dem Dorf unserer Köchin teilgenommen und einige aufregende Bustouren erlebt.
Seit Montag ist nun die Eingewöhnungs-Woche beendet und unsere Arbeitsphase hat begonnen.
Montags und Dienstags werden wir je zwei Mädchengruppen von 11 Schülern im Alter zwischen 16 und 33 in Englisch (und IT) unterrichten, Mittwochs und Freitags Selbst-Hilfe-Gruppen (SHG´s) in ihren Dörfern aufsuchen und case studies über sie verfassen, Donnerstags ist unser office day mit staff meeting, Dokumentationsarbeit und Kannada- Unterricht und Samstags kommen mehrere Kinder zum Spielen hierher.
Alles ist sehr gut organisiert und auch wenn manchmal mit „Morgen“ eigentlich „in einer Woche“ gemeint ist, haben wir sehr großes Glück hier im gut strukturierten Maithri zu sein:
Maithri empfängt uns mit so viel Freundlichkeit und … Freundschaft!
Eure Anni und Lucia
PS.: